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Ein Zimmer für den Fuß

Von Wood-Mizer, Deutschland

Ein Zimmer für den Fuß

Es gibt ihn noch immer, den guten alten Holzschuh, den Sicherheitsschuh frühindustrieller Zeiten, das preisgünstige robuste Schuhwerk der Landbevölkerung vergangener Jahre. Er wurde beim Torfstechen ebenso getragen, wie beim Deich- oder Ackerbau. Handwerker, Fabrikarbeiter, Fischer und Waldarbeiter, Schulkinder und Senioren trugen die „Klompen“.

1923 begann Lorenz Lücking neben seiner Landwirtschaft mit der Herstellung von Holzschuhen. Das war damals in jedem Arbeitsschritt noch reine und meist mühsame Handarbeit. Zunächst mussten Stämme aus Pappel- Erlen- oder Weidenholz aufgesägt und gespalten werden. Das Behauen und Formen der so gewonnenen Holzklötze sowie das Ausbohren der rohen Holzschuhe war eine schwere körperliche Arbeit, die von dem Familienvater geleistet werden musste, während der Rest der Familie die weitere Bearbeitung, wie das Schleifen der Rohlinge, das Aufnageln der Lederkissen und andere Feinarbeiten besorgte.

 

 

Mitte der 1940er Jahre waren die eingehenden Aufträge rein manuell nicht mehr zu bewältigen. Maschinen übernahmen die beschwerliche Arbeit. Eine Kopiermaschine fertigte nun von einem Muster jede gewünschte Menge exakter Kopien und eine Ausbohrmaschine übernahm das kraftraubende Aushöhlen der Holzschuhe. Es gab viel zu tun, denn bis Mitte der 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts waren Holzschuhe vielerorts gängige Fußbekleidung, die oft schon für rund zwei Mark zu haben war.

1955 gab es einen ersten Erlass, der das Tragen von Holzschuhen in Schulen und öffentlichen Gebäuden verbot. Die Hochzeit der klappernden Holzpantoffel, der Clogs oder Klumpen schien damit zu Ende. Nicht so bei der Firma Lücking. 1958 übernahm der Sohn Josef den Betrieb, baute die Holzschuhproduktion immer weiter aus und hängte die Landwirtschaft Anfang der 1970er Jahre gänzlich an den Nagel. Seit 21 Jahren liegt der Familienbetrieb nun schon in den Händen des Enkel und Sohnes Michael Lücking. Die Maschinen wurden modernisiert. Die Kopier- und Ausbohrmaschinen arbeiteten jetzt pneumatisch. Da sich die Pappel am besten in frischem Zustand verarbeiten lässt, haben die fertigen Produkte einen hohen Feuchtigkeitsgehalt, der vor dem Verkauf ausgetrieben werden muss. Die natürliche Trocknung nimmt dafür zu viel wertvolle Zeit in Anspruch. Das behindert den Produktions- und Warenfluss, zumal Michael Lücking das Sortiment um einige Produkte wie Holzmollen, Saunalöffel, Deko-Artikel und Transportkeile erweitert hatte.

 

 

Eine Trockenkammer musste her. Trockenkammern für die technische Trocknung sind meist zu aufwendig, zu groß, zu klein oder zu teuer. Da kam ihm der flexible Bausatz der Wood-Mizer Trockenkammer-Systeme gerade recht. Mit diesem System konnte er eine exakt den betrieblichen Bedürfnissen angepasste Kammer aufbauen.

Lückings Kammer besteht aus einer Holzrahmenkonstruktion mit einer 200 mm Dämmung. Die Innenwände sind mit Aluminiumplatten ausgekleidet, die an Decke und Boden an Alu-Winkel angeschlagen sind. Die Fugen wurden mit Silikon abgedichtet. Mit einer Länge von 4 Metern, einer Breite von 2,20 Metern und einer Höhe von 2,40 Metern kann der Betrieb in einem Trocknungsgang 500 Paar Holzschuhe trocknen, was natürlich die gesamte Produktion besser planbar macht. Die Kammer wird mit einem Lopper Stückholzkessel betrieben, in dem die anfallenden Reste aus der Produktion verbrannt werden. Ein 8000 Liter Pufferspeicher garantiert auch nachts eine gleich bleibende Betriebstemperatur der Kammer. Vier Lüftermodule mit acht Ventilatoren sorgen in der Kammer für einen Querstrom der Luft.

 

 

Die Wärme treibt das Wasser aus dem Holz, das dann durch den Luftstrom von der Oberfläche mitgenommen und von zwei Abluftventilatoren als Dampf ins Frei geblasen wird. Bei einer Vorlauftemperatur von 60° bis 70° Grad dauert ein Durchlauf nur ca. 4 Tage. Ein Hochinteressantes Produkt, das eigentlich ein Abfallprodukt ist, sind die Transportkeile. Sie werden in großer Zahl in einem von Lücking gebauten Tümmler getrocknet. Durch die Bewegung des Tümmlers werden die Keile gut durchgetrocknet und als Nebeneffekt vollständig von Staub und Sägespänen befreit, was für ihren späteren Verwendungszweck sehr wichtig ist.

 

 

Bevor Lücking den Betrieb übernahm, lernte er in einem Sägewerk und Holzhandel Industriekaufmann. Danach besuchte er eine Technikerschule in Rosenheim und arbeitete zwei Jahre im Verkauf eines großen Holzhändlers in Leipzig. Als dann eines Tages der Senior Josef Lücking, der heute als 81 jähriger immer noch im Betrieb steht und so manchem jungen Mitarbeiter etwas vormachen kann, in Rente ging, übernahm Michael Lücking das Ruder. Der Betrieb beliefert nicht mehr nur Landwirte, Gärtner und Gartenfreunde mit seinen Holzschuhen und Mollen. Längst gehören Groß- und Einzelhändler, Raiffeisen-Märkte und Gartencenter zu seinen Kunden. Etwa 8.000 Paar Holzschuhe verlassen jährlich das Werk.

An Karneval und Fasching lieben die Jecken die Klompen und im Sommer kommen die Mittelaltermärkte und Feste dazu, an denen die Liebhaber der „guten alten Zeit“ in ihren neuen Holschen spüren wollen, was ihre Vorfahren ihnen voraus hatten – gesunde, durchtrainierte Füße ohne Pilz und lästigen Schweißgeruch.

So gesehen ist der Holzschuh ein kleines Zimmer für den Fuß, das ihn schützt, ihm Raum gibt zum Atmen und uns hilft ihn wahrzunehmen als sensible Basis, die uns auf den Beinen hält.