Alte Tischlerei in Deutschland modernisiert
Von Wood-Mizer, Europe
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„Herbsthausen“ gehört zu Gartow, einer kleinen Stadt im Wendland, so wie die ausgedehnten Wälder rings um den kleinen Ort an der Seege. Den Namen bekam das alte Sägewerk, weil der ehemalige Besitzer im Laufe der Jahrzehnte unzähligen Tischler- und Zimmermannslehrlingen Wohnen, Arbeit und Ausbildung ermöglichte.
Noch heute finden sich auf dem Gelände an allen Ecken und Enden die Spuren der HandwerkerInnen, die in „Herbsthausen“ lebten und arbeiteten. Hier ist es eine Außentreppe,
die die Geschosse des ehemaligen Mühlengebäudes miteinander verbindet, dort ein uriger Hühnerstall, der – zwar leicht windschief und verwittert – den Charme alten Handwerks vermittelt. Daneben zeugen größere und kleinere Holzhäuser von dem aktiven handwerklichen Leben, dass hier über Jahrzehnte hinweg stattfand.
Ein ganz modernes Thema: Dezentrale Energieversorgung mit der „liegenden einzylindrigen Dampfmaschine“ der Fa. Lanz war das Sägewerk Anfang des vergangenen Jahrhunderts auch ein Vorreiter in Sachen Energieversorgung. Mit der Energie aus der Dampfmaschine wurde ein ganzer Ortsteil Gartows schon mit Strom versorgt, als im gräflichen Schloss Licht noch mittels Kerzen erzeugt wurde. Ebenso sorgte eine gewaltige Wasserpumpe dafür, dass die umliegenden Gartower Siedler mit Wasser versorgt werden konnten.
Was anderenorts mühselig neu aufgebaut wird, war in Gartow also schon Anfang des vergangenen Jahrhunderts Konzept: dezentrale Versorgung der Anwohner mit überschüssiger Energie aus dem Sägewerk.
Die gewaltige Dampfmaschine der Fa. Lanz steht heute noch in einer eigenen Halle auf dem Gelände. Als einzige ihrer Art ist sie vollständig und funktionstüchtig erhalten geblieben – ein echtes Kleinod der Maschinengeschichte.
Bis zum Ende der 60er Jahre leistete sie tapfer ihren Dienst zur Energieversorgung des Betriebes und einiger umliegender Häuser, bis ihr Betrieb unrentabel wurde.
Aus der Serie liegender Einzylindermaschinen mit Unterflurfeuerung und einer Leistung von 190 PS der Firma Heinrich Lanz, Mannheim (Baujahr 1923) ist diese mit der Fabriknummer 40638 wohl die einzige noch erhaltene in Deutschland. Die Maschine wurde mit einem 110-V-Generator bis 1978 betrieben und erst im Zuge einer gescheiterten Umstellung auf einen 220V-Generator stillgelegt. Bis dahin betrieb sie über Riemenantriebe den kompletten Maschinenpark des Sägewerks und auch eine Getreidemühle. Die Wasserversorgung erfolgte über einen eigenen – noch heute benutzten – Brunnen mit nachgeschalteter Wasseraufbereitung.
Andreas Graf Bernstorff, aus dessen weitläufigen Wäldern das Sägewerk schon Anfang des vergangenen Jahrhunderts sein Holz bezog, wäre begeistert, wenn sich neue Nutzer finden
würden, die die alte Einheit von Leben, Arbeiten und Ausbilden in „Herbsthausen“ wieder aufleben lassen. Denn das Sägewerk Gartow gehört zur Geschichte der Stadt, ebenso wie
die Barockkirche oder das gräfliche Schloss.
Bereits 1868 hatte Johann Christian Herbst den Betrieb errichtet. Holz aus dem gräflichen Forst war der Rohstoff, der von Gartow aus über die Elbe bis ins Ruhrgebiet verkauft wurde. Für den Transport aus dem Wald zum Sägewerk und von dort zur Elbe, waren sogar eigens Schienen gelegt worden, die teilweise heute noch zu finden sind.
Michael Keller nutzt die alte Produktionsstätte mit seinem Betrieb jetzt seit mehr als 14 Jahren als Montagebau Keller und stellt verschiedene Holzprodukte her, darunter Möbel, Fenster,
Türen, Treppen und Carports. Bis vor kurzem verließ sich das Unternehmen bei der Herstellung seiner Produkte auf traditionelle Methoden und alte Maschinen. Je mehr Aufträge sie erhielten, desto schwieriger wurde es, mit den verfügbaren Geräten die Nachfrage zu befriedigen. Die genauen Abmessungen der Bretter sind für den Bau äußerst wichtig, und die alten Maschinen waren nicht sehr genau.
Sie entschieden sich, einige der alten Maschinen zu ersetzen, unter anderem mit einem Wood-Mizer MP360 Vierseitenhobel. Seit der Installation hat die Maschine den Arbeitsablauf in der Werkstatt deutlich verbessert.
„Wir produzieren Bretter in verschiedenen Größen, von 1,5 cm x 3 cm Leisten bis hin zu großen Balken mit 14 x 14 cm oder 16 x 16 cm. Früher war es schwierig, genau dimensionierte Bretter
zu bekommen, jetzt sind die Abmessungen sehr genau und die Winkel stimmen“, sagt Moritz, seit vielen Jahren Geselle in der Firma. Der MP360 bearbeitet alle vier Werkstückseiten in einem
Arbeitsgang, was den Arbeitsablauf bei Montagebau Keller enorm beschleunigt hat. „Früher hat es einen ganzen Tag gedauert das Holz für einen Carport fertigzustellen. Jetzt schaffen wir es in
etwa drei Stunden“, bemerkt Moritz.
Reduzierte Handarbeit, gesteigerte Effizienz und viel einfacher geworden“.
„Ich habe mich entschieden, Tischler zu werden, um mit schönem, vielseitigem Material zu arbeiten, das gut riecht und sich gut anfühlt“, erzählt Moritz. „Außerdem arbeite ich an einem einzigartigen, historischen Ort und verwende trotzdem moderne, professionelle Ausrüstung. Es ist schwer, einen besseren Job als meinen zu finden.“